Die Geschichte des Gymnicher Rittes

"Der Gymnicher Ritt ist berühmt", sagen die Leute von Gymnich. Gerade in den letzten Jahren hat die Bedeutung und Feierlichkeit dieser einzigartigen, altehrwürdigen Einrichtung zugenommen. Tausende Teilnehmer und Zuschauer strömen alljährlich von Nah und Fern herbei, um das erhebende Schauspiel am Cristihimmelfahrtstage in Gymnich zu sehen. Es herrscht bei der anstrengenden Feier ein heiliger Ernst und eine aufrichtige Frömmigkeit in dem überfüllten Kirchdorfe, und selbst die nach der kirchlichen Feier einsetzenden weltlichen Feierlichkeiten zeigen sich in durchaus ernsten, würdigen Formen."

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Kölner Stadtanzeiger vom 24. Mai 1890

Diese Sätze, die auch heute noch treffend das Bild unseres alljährlich stattfindenden Gymnicher Rittes wiedergeben, sind schon ein paar Jahre alt. Sie stammen aus dem Büchlein "Der Gymnicher Ritt, dessen Geschichte und Feier", das im Jahre 1912 von Prof. Dr. Wilhelm Capitaine veröffentlicht wurde. Wie ist diese weit über Gymnichs Grenzen hinaus bekannte Reiterprozession entstanden? Wenn es auch immer wieder behauptet wird, (siehe auch Bericht im Kölner Stadtanzeiger vom 24. Mai 1890) so ist eine urkundlich belegte Stiftung des Gymnicher Rittes nicht bekannt. Um es mit den Worten Capitaines auszudrücken, geht es also dem Gymnicher Ritt zunächst wie dem ältesten Adel, dem "Uradel", der auch keinen Ritterbrief hat, der aber durch die unvordenkliche Zeit gleichwohl bezeugt wird.

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Offiziere der St. Kunibertus Schützengesellschaft am Rittag
vor Schloß Gymnich, Anfang der 70er Jahre

Nach Karl Stommel ist der Ritt aus einer Flurprozession, einem Bittgang zur Segnung der Feldfrüchte, so wie sie am Himmelfahrtstage im Anschluß an die Bittgänge der vorhergehenden Tage stattfand, entstanden. Bei zwei weiteren Versionen zur Entstehung des Ritts spielt das Schilfhuhn, welches als Helmzier im Wappen derer von Gymnich zu sehen ist, eine entscheidende Rolle. In beiden Sagen wird ein Gymnicher Ritter durch ein Schilfhuhn aus großer Not gerettet. In der weniger Bekannten handelt es sich um den Ritter Johann von Gymnich, auch "Der Böse Gymnich" genannt. Er wurde um das Jahr 1456, als die Türken Belgrad belagerten, durch ein Schilfhuhn aus einem Sumpf gerettet. Die dritte Version ist jedem Gymnicher bekannt; sie geht auf die urkundlich belegte Teilnahme des Ritters Arnold von Gymnich am 5. Kreuzzug zurück. Der 5. Kreuzzug, angeheizt durch die leidenschaftliche Kreuzzugspropaganda des Papstes Innocenz III., umfaßte in der Zeit von 1217 bis 1229 mehrere Kreuzzüge. In Nordwestdeutschland, Flandern und Holland predigte der Scholaster Oliver von Köln mit großem Widerhall für den Kreuzzug.

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Auszug der Prozession am Ortsrand von Gymnich

Im Juni des Jahres 1217 sollten sich die Kreuzfahrer in den süditalienischen Städten Brindisi und Messina versammeln, wo Papst Innocenz III. sebst die Flotte segnen wollte. Innocenz III. starb inmitten der Vorbereitungen zum Kreuzzug am 16. Juli 1216 in Perugia, jedoch sein Nachfolger Honorius III. machte die Kreuzzugssache ebensosehr zu seiner eigenen wie sein Vorgänger. So versammelten sich schließlich im August 1217 die österreichisch-ungarischen Truppen in Split, während im ursprünglich vorgesehenen Hafen von Brindisi nur wenige Franzosen in See stachen. Nach der Ankunft in Akkon unternahmen die Kreuzfahrer 3 Expeditionen gegen die Sarazenen, die sich jedoch nicht zum Kampf stellten. Erst als im April und Mai 1218 die friesischen und niederrheinischen Kreuzfahrer (bei denen auch unser Ritter Arnold im Gefolge seines Lehnsherrn, des Grafen Wilhelm von Jülich, war) unter dem Domscholaster Oliver nach einjähriger Fahrt und abenteuerlichen Kämpfen in Portugal in den Hafen von Akkon einliefen, war wieder an Krieg zu denken.

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Die Prozession im Feld, kurz hinter Mellerhöfe

Man beschloß, die Stadt Damiette im Nildelta anzugreifen, womit man den alten Plan wiederaufnahm, das islamische Machtzentrum in Ägypten zu vernichten, um Jerusalem dann desto leichter erobern zu können. Vor der Stadt Damiette war die einzig befahrbare Rinne des Nils mit einer Kette, die vom Ostufer zu dem sogenannten Kettenturm im Fluß lief, versperrt. Nur von diesem Turm aus ließ sich die Kette absenken, um den Schiffsweg nach Kairo freizugeben. Die Eroberung des Turms gelang am 24.8.1218. Von September 1218 an erhielten die Kreuzfahrer laufend Verstärkung, sie konnten aber trotzdem nicht auf dem östlichen Flußufer Fuß fassen. Das gelang erst am 5. Februar 1219 mit der Besetzung des dortigen Lagers. Nunmehr konnten die Kreuzfahrer Damiette vollständig einkreisen und von allen Zufuhren abschneiden. Nach der Eroberung richteten sich die Kreuzfahrer in der Stadt ein, wurden aber durch innere Zwistigkeiten, an denen der päpstliche Legat Pelagius großen Anteil hatte, an entscheidenden Aktionen gehindert. Um den 10. August 1221 gelang den Muslimen durch ein geschicktes Umgehungsmanöver die Kreuzfahrer zu Land und zu Wasser von jeder Verbindung abzuschneiden. Weder Lebensmittel noch Wasser konnten zu ihnen gelangen, da der Muslimische Führer Al Kamil die Flußdeiche hatte durchstechen lassen, was bei dem jahreszeitlichen Hochwasser des Nils zur vollständigen Überschwemmung des umliegenden Landes führte. Und hier setzt die Sage um Ritter Arnold an. Er war mit seinem Pferd in die durch die Überschwemmung verursachten Sümpfe geraten. Das Pferd war bis zu den Knien im Morast versunken. Bei seinen Bemühungen, das Tier herauszutreiben und so auf festes Land zu gelangen, sanken Roß und Reiter nur noch tiefer ein. In dieser großen Not gelobte Ritter Arnold dem Allmächtigen:
"Wenn Du, o Herr, mich rettest aus dieser großen Not, dann will ich mit meinen Mannen, Dir zu Ehr, alljährlich einen Ritt halten um die Gemarkung meines Heimatdorfes Gymnich, und meine Nachfahren sollen es halten und tun so bis in fernste Zeiten!"
Kaum hatte der Ritter das Gelöbnis getan, da fliegt schwirrend ein Schilfhuhn auf, erschreckt das Pferd, das sich noch einmal aufbäumt und mit gewaltigem Sprung sicheres Land gewinnt. So erzählt die Sage! Deutet nicht auch das Schilfhühnchen auf dem Wappenhelm der Herren von Gymnich auf dieses Ereignis hin?
(Michael Robens: "Gymnich - Vergangenheit und Gegenwart").

Soviel zur Entstehung des Gymnicher Rittes.
Der kundige Betrachter kann die ganze bunte Welt der Kreuzzüge auf den 12 großen Reiterstandarten, die seit 1931 in der Prozession mitgeführt werden, noch einmal Revue passieren lassen.
Da erscheint das Wappen des Ritters Arnold von Gymnich, das rote Kerbkreuz, auf dem Helm ein roter Turnierhut mit Schilfstaude und Wasserhuhn, auf der Rückseite das Wappen seines Lehnsherrn, des Grafen Wilhelm von Jülich, der schwarze Löwe auf Gold.
Die nächste Standarte zeigt den Jülicher Löwen, hochaufgereckt auf der Vorderseite, das Gymnicher Kerbkreuz auf der Rückseite. Das Wappen des damals regierenden Fürsten von Köln, Engelbert Graf von Berg, zeigt auf Rot zwei weiße Wechselzinnenbalken. Auf der Rückseite erscheint das schwarze Kreuz des Stiftes Köln mit Stab und Schwert auf silbernem Schild.
Die Diözesan- und Stadtwappen von Köln (schwarzes Kreuz - drei Kronen) und Paderborn (goldenes Kreuz auf Rot - Schiff mit Kirche) erinnern an den Kölner Domscholaster Oliverus, später Bischof von Paderborn, der den Kreuzzug predigte und mitmachte. Auf der Rückseite weist das Bild der Hl. Sabina auf seine römische Kardinalskirche hin.
Das Wappen des Papstes Innocenz III., auf Rot ein gold- und schwarz-geschachter Adler mit goldener Wehr und goldener Krone, erinnert an den großen Kämpfer, der auf dem dritten Laterankonzil den 5. Kreuzzug ins Werk setzte, der aber schon 1216 starb.
Das Wappen des Papstes Honorius III., ein römischer Edler aus dem Geschlecht der Savelli, des sofort gewählten Nachfolgers des Papstes Innocenz III. , der den Kreuzzug wirklich zustande brachte, weist einen grünen Querbalken mit schwarzer Wellenlinie auf, darüber mit Silber zwei goldene Löwen die in ihren Vordertatzen eine grüngestielte rote Rose halten, worauf ein schwarzer Vogel sitzt; unten goldene und rote Streifen. Die Rückseite beider Papststandarten zeigt die Schlüssel Petri. Das schwarze Kreuz des Stiftes Köln erinnert an die Kölner und anderen Rheinländer, die am Kreuzzug teilnahmen. Auf der Rückseite das Wappen der Stadt Köln. Auf Blau prangt der goldene Löwe des Königs von Jerusalem, Jean de Brienne, des erwählten Oberbefehlshabers des Kreuzfahrerheeres. Das Blau ist mit goldenen Schindeln bestreut. Die Rückseite zeigt die drei Kreuze der Ritterorden, ein weißes, ein rotes, und ein schwarzes, und im oberen rechten Eck der goldene Löwe des Königs von Jerusalem.
Die nächste Standarte zeigt diese drei Kreuze der Ritterorden und den Löwen des Königs von Jerusalem auf der Vorderseite.
Auf den folgenden drei Standarten wird das Geschehen des Kreuzzuges lebendig. Da erscheint der eroberte mehrstöckige Kettenturm auf der Nilinsel vor Damiette. Auf seinen Zinnen die Fahne der Eroberer, das Kölner Kreuz. Darüber die vier Wappen der übrigen Eroberer. Den Herzog von Österreich, silberner Balken auf Rot. Die Rheinländer, weiß auf Grün.

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Gymnicher Ritt
Ölgemälde von Heinrich Windelschmidt

Die Fahnen auf obigem Bild (v. l. n. r.):

  1. von Berg; Erzbischof Engelbert, Köln
  2. Arnold von Gymnich
  3. Jean de Brienne, Heerführer
  4. Pferdepatron Quirinius
  5. Savelli; Papst Honorius III.
  6. Stift Köln
  7. Conti; Papst Innzenz III.
  8. Arnold in Wassernot
  9. Wilhelm von Jülich
  10. Die 3 Ritterorden
  11. Eroberte Stadt Damiette

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Die Pferde werden am Morgen
des Gymnicher Rittes am Silo ausgeladen

 Die Friesländer, Jungfrauenadler (Adler mit Frauenhaupt). Adolf von Berg, den Bruder des Erzbischofs von Köln, mit den zwei weißen Wechselzinnenbalken derer von Berg. Da sieht man die eroberte Stadt Damiette mit ihrer zinnenbekrönten Mauer, ihrer Moschee und ihren Minaretts. In den Ecken weisen die Wappen von Gymnich und den drei Ritterorden auf die Eroberer hin. Auf der Rückseite erinnern Kardinalshut und zerbrochenes Schwert an den päpstlichen Legaten Pelagius, Kardinal von Albano, der die Stadt Damiette einnahm, der aber später das Heer ins Unglück führte.
Die letzte Standarte zeigt den Ritter Arnold von Gymnich. Hoch bäumt sich sein Schimmel vor dem aufschwirrenden Wasserhuhn. Feierlich reckt der Ritter, auf dessen Schild Gymnichs gekerbtes Kreuz zu sehen ist, zum Gelübde der Reiterprozession die Hand. Das rote Kerbkreuz von Gymnich ist auf der Rückseite zu sehen.
Den Besuchern des Rittes wird dabei auffallen, daß zwei Standarten, nämlich die mit dem Bild des Ritters Arnold von Gymnich und die mit dem Wappen des Ritters, wechselweise ein Jahr bei der Bruderschaft und das andere Jahr bei den Schützen die Gruppe der Standartenreiter anführen, da sie jeder Reiter einmal umreiten möchte.

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Seit 1982 werden bei den Kunibertus-Schützen wieder
schwere Kaltblutpferde geritten.
Heinrich Kranz mit seinem Enkel Sebastian
und seinen Söhnen Horst und Günther

Zurück zur neueren Zeit! Die St. Kunibertus Schützengesellschaft nimmt seit ihrer Gründung im Jahr 1848 am Gymnicher Ritt teil. In den Gründerjahren war es noch nicht üblich, daß jedes Mitglied eine Uniform hatte.

Die Offiziere hatten zwar stets eine Uniform getragen, grüner Rock und weiße Hose, für die Gesamtheit der Schützen wurde diese Uniform jedoch erst 1883 eingeführt. Und seit dieser Zeit gehört der grüne Rock und die weiße Hose am Christihimmelfahrtstag beim Gymnicher Ritt mit dazu. In diesen früheren Jahren gab es noch keine Probleme mit der Pferdebeschaffung, hatte doch jeder Bauer eigene Pferde im Stall stehen. Erst nach dem 2. Weltkrieg wurde durch die fortschreitende Technisierung, die Bauern schafften Ihre Pferde ab und kauften Traktoren, ein steter Mangel an Pferden bemerkbar. Die Schützen gingen dazu über, die Pferde in der näheren Umgebung bis hin in die Eifelorte Bürvenich, Eppenich und Berg auszuleihen. Der Gymnicher Fuhrunternehmer Peter Kranz war in der Christihimmelfahrtswoche damit beschäftigt, die Pferde aus der Eifel nach Gymnich zu holen.

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Eine alte Tradition der Familie von Peter Josef Kranz,
der mit dem Rittkreuz die Fußprozession anführt;
ihn begleiten die Brüder Christoph und Peter Schmitz

So konnte es kommen, daß ein Kunibertus-Schütze in der Woche vor Christi Himmelfahrt zum Pferdebesitzer auf Zeit wurde. Zuhause wurden alte Ställe hergerichtet, um die Pferde unterzubringen. Wer dazu keine Gelegenheit hatte, stellte sein Pferd in der Halle vom Schäfer Willmes auf der Kohlstraße oder auf der Hauptstraße bei Fischers im alten Stall unter. Sogar auf dem Schützenplatz wurde unter der langen Außenhalle ein Stall für geliehene Pferde gebaut. Bis 1997 konnte man in der Wand noch die Eisenringe sehen, an denen die Pferde angebunden wurden. Das bedeutete für die Reiter der Schützengesellschaft, sich intensiv um das anvertraute Pferd zu kümmern. Nicht nur das Pferd wurde bestens gepflegt, sondern auch jedes einzelne Ausrüstungsteil der Schützenreiter mußte sorgfältig vorbereitet werden. Die Uniform mußte sauber sein. Der grüne Rock wurde aufgebügelt, der Hut abgebürstet und die Hose mußte makellos weiß sein.

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Präsident Jakob Schmitz schreitet, nachdem er das Kreuzpartikel in Empfang genommen hat,
die Front der Schützen im Schloßhof ab.
Ihn begleiten der Schützenkönig Hans Feil, der Jungschützenkönig Sascha Feil,
sowie der stellvertr. Königsadjutant Heinrich Kranz (Gymnicher Ritt 1996)

 Ebenso der Sattel und das Zaumzeug, welches die meisten Schützen für diesen einen Tag im Jahr noch ihr Eigen nennen konnten, wurde tagelang vorher herausgeholt, gefettet und poliert. Die Chromteile des Geschirrs wurden solange behandelt, bis sie glänzten. Manche Reiter trugen die Gebißketten der Pferde Tage vor dem Ritt in der Hosentasche, damit sie am Rittag auf Hochglanz waren. Am Abend vor dem Fest ritten viele Reiter mit ihren Pferden durch den Ort, um die Tiere an den ungewohnten bunten Anblick der Buden und des festlich geschmückten Ortes zu gewöhnen. Am Christihimmelfahrtsmorgen hieß es für die Reiter um 4.00 bis 5.00 Uhr aufzustehen. Wieder wurden die Pferde geputzt, die Hufe mit Schuhcreme geschwärzt, die Mähnen und Schweifhaare, die man am Vorabend zu einem kunstvollen Zopf geflochten hatte, wurden gelöst und gekämmt. Jeder Reiter wollte das schönste Pferd beim Gymnicher Ritt haben.
Nachdem man sich dann endlich selber die Uniform angezogen hatte, ging es mit dem Pferd zum Antreten auf die Spillesstraße. Die Rittfahnen wurden in Empfang genommen. Zum Abholen des Präsidenten ging es zum Vereinslokal auf die Hauptstraße. Anschließend wurde von dort der Schützenkönig abgeholt. Dann gind es zum Schloß, wo das Kreuzpartikel abgeholt wurde, und die Prozession nahm ihren Lauf.

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Oftmals in der Geschichte des Rittes war die Weiterführung der Tradition
sehr gefährdet. Hier ein Brief an zuständige Behörden
während der Herrschaft des Naziregimes.

Die Bezahlung der Pferde war zu diesem Zeitpunkt noch kein so großes Problem. Die Besitzer der Pferde bekamen in der Regel eine Flasche Wein und ein paar Zigarren. Aber viel wichtiger als Wein und Zigarren war damals etwas ganz anderes. Die erste Frage die gestellt wurde, wenn die Pferde zurückgebracht wurden war: "Is os Pähd och gesänt wurde?"

Der Pferdesegen war und ist ein wichtiger Bestandteil der Prozession. Die Preise für die Leihpferde stiegen mit der Zeit ständig an. Heute werden die Kosten gemeinsam von den Reitern der Schützengesellschaft, dem Schützenverein und der Kirche getragen. Seit etwa Mitte der 60 er Jahre werden die Pferde nicht mehr von vielen einzelnen Höfen geholt. Sie kommen in größerer Stückzahl aus Reitställen. So ist es heute üblich daß das Gros der Pferde am Christihimmelfahrtsmorgen von den Reitern der St. Kunibertus Schützengesellschaft am Silo in Empfang genommen wird. Die Pferde kommen zum größten Teil über die Reitställe Gey aus Türnich und Witting aus Ratingen Schwarzbach. Im Gegensatz zu den schweren Arbeitspferden der 50er Jahre sind heute in der Mehrzahl Schulpferde und zu Hobbyzwecken gehaltene Pferde vertreten. Erst 1982 hat die Schützengesellschaft wieder damit begonnen, jedes Jahr eine Anzahl von schweren Kaltblutpferden beim Gymnicher Ritt mitzunehmen. Die Pferde sind gesattelt und aufgezäumt, wenn sie aus den Transportern kommen. Im Gegensatz zu früher braucht der Reiter nur noch den Bauchgurt nachzuziehen bzw. seine Satteldecke aufzulegen und schon kann der Ritt beginnen.

Vom Silo aus reiten die Schützen zum Vereinshaus in der Schützenstraße. Dort vereinigen die Reiter sich mit den Fußmannschaften und dem Tambourcorps. Über Haagstraße, Kohlstraße und Hauptstraße geht es zum Gymnicher Schloß, um das Kreuzpartikel abzuholen. Präsident Jakob Schmitz nimmt das Kreuzpartikel entgegen, dabei findet traditionell folgender Dialog statt:

"Hiermit überreiche ich Ihnen das Kreuzpartikel von Schloß Gymnich. Möge es der Reiter in Ehrfurcht über Gymnichs Fluren tragen, um Gottes Segen über unsere Heimat zu erflehen."

Darauf antwortet der Präsident der Schützengesellschaft:

"Mit diesen, Ihren Worten, werde ich das Kreuzpartikel überreichen und darf Ihnen im Namen aller Kunibertus Schützen für diese Ehre herzlichen Dank aussprechen."

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Das Kreuzpartikel

Nachdem der Präsident, der amtierende Schützen- und Jungschützenkönig mit dem Königsadjutanten die Front der Schützen abgeschritten haben, um allen das Kreuzpartikel zu präsentieren, ziehen die Schützen zur Kirche. In der Kirche ist mittlerweile die Pilgermesse beendet. Vor dem Auszug der Fußprozession übergibt unser Präsident das Kreuzpartikel an den Reiterpriester. Schon seit einigen Jahren übernimmt Monsignore Bastgen diese Aufgabe. Auch hier ist die Übergabe traditionell festgelegt. Der Präsident übergibt das Kreuzpartikel mit folgenden Worten an Monsignore Bastgen:

"Hier bringe ich Ihnen das Kleinod von Schloß Gymnich. Tragen Sie dies Kreuzpartikel in Ehrfurcht über unser geliebtes Gymnich und über Felder und Fluren, um Gottes Segen zu erflehen mit der Bitte:
Die alte Sitte bleib erhalten!
Nie schwinde dieser schöne Brauch!
Die Jungen erben´s von den Alten,
und drüber schwebet Gottes Hauch!"

Der Partikelreiter nimmt nun das Kreuz entgegen, spricht einige Segensworte an die Fuspilger, und dann geben die Brudermeister das Zeichen zum Beginn der Prozession. Drei Reiter der St. Kunibertus Schützengesellschaft setzen sich mit dem Rittkreuz an die Spitze der Fusprozession. Auch dies ist eine alte Schützen- und Familientradition. Konrad Kranz kaufte das Rittkreuz Ende des letzten Jahrhunderts, um mit diesem Kreuz die Fuspilger anzuführen. Nach ihm übernahm sein einziger Sohn Johann Peter Kranz diese Aufgabe. Dann folgten dessen vier Söhne, Heinrich, Konrad, Johann und Peter Josef. Bis zu seiner Einberufung zur Wehrmacht ritt Peter Josef Kranz das Kreuz. Konrad Kranz führte dann bis 1947 die Fuspilger an. Aus dem Krieg zurückgekehrt, übernahm wieder Peter Josef Kranz diese Aufgabe. Heute steht das Kreuz über das Jahr auf dem Hausaltar von Peter Josef Kranz jun., der die Familientradition 1968 von seinem Vater übernahm. Jedes Jahr zu Christihimmelfahrt führt er damit die Fuspilger beim Gymnicher Ritt an. Eines Tages wird er diese Aufgabe an seine Söhne Markus und Thomas weitergeben. Während die Fuspilger ausziehen, beginnt auf dem Rittplatz die Reitermesse.

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Blick auf den Altar während der Messe

Vor dem Auszug der Reiter werden die großen Rittfahnen ausgegeben, die viel zur Verschönerung unserer einmaligen Prozession beitragen. Betend ziehen die Reiter über die Haupstraße zum Ort hinaus. Am Ortsausgang werden sie von ihren Schützenkameraden verabschiedet, die dort gewartet haben. Über die Dirmerzheimer Landstraße geht es bis zur Kreuzung der Schnellstraße und von da in Richtung Mellerhöfe. Hinter dem Hof der Familie Welter geht es nach rechts auf den Aussiedlerweg und dann sofort links ab, parallell zur Schnellstraße. Auf der alten Heerstraße geht die Prozession in Richtung Kerpen. Hier wird eine Gebetspause eingelegt. Wenn die Heerstraße in Richtung Gymnich verlassen wird, beginnt wieder das Gebet. Die Prozession kreuzt die Kerpener Landstraße in Richtung Gymnicher Mühle. Über Mühlenweg und Pilgerweg geht es zurück in den Ort. Am Pilgerweg schließen sich die Fußtruppen der Kunibertus-Schützen wieder mit den Reitern zusammen. Ein Priester, der die Prozession zuvor an der Kerpener Landstraße verlassen hat, erteilt an der Mariensäule den Pferdesegen.

Der Gymnicher Ritt endet mit dem feierlichen Schlußsegen am Rittplatz.

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Reiter der St. Kunibertus Schützengesellschaft nach dem Ritt,
kurz nach Eintreffen auf dem Rittplatz

Auf der Internetseite www.sagen.at finden Sie einige weitere Fakten über den Gymnicher Ritt.

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