Gymnicher Ritt: Paddy bewahrte die Tradition

Erftstadt-Gymnich - Eigentlich sollten die Tore des Parks ja geschlossen bleiben. Aber bei so viel Tradition hatten die Schlossherren schließlich doch ein Einsehen: "Tragen Sie das Kreuz zum Andenken an den Kreuzritter Arnold über die Felder, um das Gelübde derer von Gymnich zu erfüllen."

Mit diesen geschichtsträchtigen Worten übergab Paddy Kelly den Vertretern der beiden Schützenvereine Kreuzpartikel und Schlossstandarte für die Pferdeprozession "Gymnicher Ritt".

Die Präsidenten der St. Sebastianus Bruderschaft und der St. Kunibertus Schützengesellschaft salutierten, begleitet von 250 Reitern, dem Schlossherrn, der den Gruß routiniert erwiderte. Allerdings vor einem in diesem Jahr handverlesenen Publikum von 200 Zuschauern, die eine der abgezählten Eintrittskarten ergattern konnten.
"Gitarre spielen ist leichter", sagte der Kelly-Sohn lachend über den ungewohnten Job und hatte sich zur Sicherheit noch einen Spickzettel vorbereitet. Erst in der Nacht war er für die Kreuzübergabe eigens aus Utrecht angereist. "Vater schafft das einfach nicht mehr", sagte er und deutete auf das Schloss, in dem das gesundheitlich angeschlagene Familienoberhaupt Dan Kelly noch fest schlief.
Alle Fenster waren fest mit den Blenden verrammelt, von denen die grüne Farbe abblättert. Während der anschließenden Reitermesse auf dem Rittplatz reichte der Gymnicher Pfarrer Joseph Pikos die Kreuzpartikel an Prälat Johannes Bastgen weiter. Dieser segnete danach hoch zu Ross auf einer zwölf Kilometer langen Prozession mit den Kreuzpartikeln, die der Überlieferung nach Holzsplitter vom Kreuz Jesu sind, Häuser und Felder.
Ihm folgten bei strahlendem Sonnenschein 250 Reiter von vier bis über 70 Jahren sowie 16 Kutschen. Damit wurde zum 774. Mal das Versprechen des Kreuzritters Arnold eingelöst. Dieser hatte der Legende nach 1221 nach der Rettung aus einer lebensbedrohlichen Situation mit seinem Pferd den jährlichen Ritt um Gymnich zur Ehre Gottes gelobt.
Kurz vor Gymnich trafen die Reiter mit den 589 Fußpilgern zusammen, die sich bereits nach der Pilgermesse um 7 Uhr in Bewegung gesetzt hatten. Knapp 10.000 Menschen säumten die Straßen, als der Prozessionszug gegen Mittag wieder auf dem Rittplatz eintraf. Nachdem Weihbischof Josef Plöger den feierlichen Schlusssegen erteilt hatte, bewegte sich die Pferdeprozession begleitet vom traditionellen Gymnicher Wallfahrtslied wieder in Richtung Schloss.

Aus Tschechien
Dort drängelte sich noch immer die Schar der Kelly-Fans, die seit den frühen Morgenstunden darauf hofften, auch ohne Eintrittskarte irgendwie zu ihren Stars vorzudringen. "Wir sind mit dem Wochenendticket in 29 Stunden Zugfahrt aus Tschechien angereist, erzählt Klara Zlamalova (16).
"In der Hoffnung auf ein Foto oder gar ein Autogramm." Aber Fehlanzeige: Die mehr als ein Dutzend Sicherheitskräfte betrieben die Abschirmung mit der Ernsthaftigkeit von Sicherheitsstufe eins beim Staatsbesuch. Schließlich war erst gestern Nacht wieder die Polizei zu Gast, da Fans das Tor zum Schlosspark gewaltsam geöffnet hatten.
Und so waren es eben wieder nur jene 200 Glücklichen mit der Eintrittskarte, die das Schlussdefilee der Reiter beobachten durften. Feierlich übergaben die Schützen der beiden Bruderschaften dem Schlossherrn die Kreuzpartikel, die dieser mit einer Verbeugung entgegennahm.
Um sie gleich nach dem Abdrehen der Pferde in einen braunen Briefumschlag verschwinden zu lassen. "Was damit jetzt passiert, weiß ich auch nicht. Die kriegt jedenfalls der Prälat Bastgen." Und der übergibt die Reliquien der Schatzkammer des Kölner Domes.

Text: Kölner Stadt-Anzeiger, Ausgabe Freitag 25. Mai 2001

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