Zum 779. Mal erfüllten die Pilger das Versprechen des Ritters Arnold I. von Gymnich - und zum Teil auch ihre eigenen.
Erftstadt-Gymnich - Die Pferde an der Spitze verschwimmen im Regen, als die Prozession Gymnich erreicht. Die 437 Fußpilger sehen aus wie eine lange bunte Gummischlange aus Regenjacken und Schirmen. Eigentlich ist kein Wetter für eine Prozession über die Felder, aber seit 779 Jahren besteht die Tradition, und so gilt es dem Wetter zu trotzen.
"Ich bin schon vor 54 Jahren mit meinen Großvater mitgegangen und ohne den Gymnicher Ritt würde mir etwas fehlen", sagt der 60-jährige Hubert Kressa und versucht, durch die Schirme einen Blick nach vorne zu werfen. Er ist Vorbeter und behüht sich, mit einem Stab und lauter Stimme einen einheitlichen Gebetsfluss hinzubekommen. Kressa schwenkt seinen Stab nach rechts und beginnt den monotonen Fluss des Rosenkranzes: "Gegrüßet seist du Maria, voll der Gnade...".
Schon um 7 Uhr hatten die Sebastianus-Schützenbrüder den Kreuzespartikel in der Gymnicher Burg in Empfang genommen. Spätestens seit der Pilgermesse um 8 Uhr sind die Fußpilger durch den andauernden Regen unterwegs, während die Reiter erst um 9 Uhr ihren Ritt starten.
"Und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes, Jesus" beten die Pilger weiter, während Sofia Mödrath aus Gymnich erzählt: "In diesem Jahr bete ich besonders für unsere Tochter Stephanie, damit sie eine gute Entbindung hat". Seit drei Jahren geht Sofia mit ihrem Mann Franz Mödrath in der Prozession mit, um ihr Versprechen zu halten. "Ich habe Gott versprochen, dass ich nach einem bestimmten Ereignis jedes Jahr an der Prozession teilnehmen werde". Mit einem Versprechen begann nach einer Sage auch vor 779 Jahren die Tradition des Gymnicher Ritts, als Ritter Arnold I. von Gymnich Gott sein Versprechen gab.
"Wenn man Gott ein Versprechen gegeben hat, sollte man es durchhalten wie Gott sein Versprechen hält, jeden Tag bei uns zu sein", erklärte der neue Kreisdechant Achim Brennecke. Er kennt den Gymnicher Ritt noch aus seiner Zeit als Kaplan in Lechenich und freute sich nun, in der neuen Funktion an dem Ritt teilnehmen zu können.
Katholische Folklore
Der Gymnicher Ritt ist katholische Folklore, wie es seit dem Mittelalter in der Kirche Tradition ist, aber es gibt sicher auch intensives inneres Gebet. Zum 779. Mal erfüllten die Pilger das Versprechen des Ritters mit ihrer Prozession durch Gymnich. Trotz des schlechten Wetters waren noch 200 Pferde und Ponys (im Vorjahr 211) und 437 Pilger (im Vorjahr 466) bei der Prozession dabei. Doch auch ohne Regen sinkt die Zahl der Teilnehmer jedes Jahr leicht.
Auf der Gymnicher Hauptstraße waren aber wieder tausende Menschen zwischen den Ständen und über die Kirmes unterwegs. Während zwischen Autoscooter und Grill schon viele Menschen unterwegs waren, standen die Pilger und die Pferde auf dem Rittplatz, und bekamen den Segen für Mensch, Saat und Tier und dankten dafür mit dem Abschlusslied "Großer Gott, wir loben dich".
Text + Bild: Kölner Stadt-Anzeiger