Tiefverwurzelte alte Tradition in Gymnich
Der Gymnicher Ritt, eine alte Reiter- und Fußprozession um die Gemarkung von Gymnich und dessen jährliche Fortführung hat ihren Ursprung in der Verbindung von historischen Fakten und Sagen.
Darüber hinaus hat sich die Feier des Gymnicher Rittes bei den Gymnicher Bürgern im Laufe der Jahrzehnte zu einer Art Familienfeier entwickelt. Es ist guter Brauch, dass die Gymnicher an Himmelfahrt, also zum Gymnicher Ritt Familienbesuch bekommen. So ist es nicht ungewöhnlich, dass sich die Einwohnerzahl an diesem Tage fast verdoppelt.
Zum Ursprung des Gymnicher Rittes selbst ist urkundlich belegt, dass die Teilnahme des Arnold von Gymnich am 5. Kreuzzug in den Jahren 1217 -1221 historische Grundlage ist. Im Rahmen dieses Kreuzzuges geriet Arnold im Jahre 1221 mit seinen Rittern in den überfluteten Gebieten um die Stadt Darmietta in einen Sumpf. Dutzende vor ihm waren bereits im sumpfigen Gebiet des Nil-Deltas versunken und umgekommen. Nun drohte Ritter Arnold nach vier harten Jahren des fünften Kreuzzuges das gleiche Schicksal. Es war ein schwüler Spätsommertag des Jahres 1221, die tapferen Krieger haben in einem kräftezehrenden, einjährigen Belagerungskampf die ägyptische Hafenstadt Darmietta eingenommen und steuern nun ihr nächstes Ziel an, der Eroberung des Nil-Delta. Doch dort werden sie jedoch von feindlichen syrischen Truppen angegriffen. Von den Feinden bedrängt ergreifen viele Kreuzritter die Flucht, unter ihnen auch Ritter Arnold I. von Gymnich. Viele von ihnen versinken in ihrer Not langsam und qualvoll in einem Sumpfgebiet, das durch ein Hochwasser entstanden war. Der Sage nach konnte sich Arnold nicht selbstständig befreien und bat in höchster Not Gott um Hilfe indem er schwor:
»Wenn Du, o Herr, mich rettest aus dieser großen Not, dann will ich mit meinen Mannen, Dir zur Ehr, alljährlich einen Ritt halten um die Gemarkung meines Heimatdorfes Gymnich und meine Nachfahren sollen es halten bis in fernste Zeiten.«
Kaum ausgesprochen, fliegt ein Schilfhuhn aus dem Sumpf auf, erschreckt das Pferd, welches sich mit einem gewaltigen Sprung auf festen Grund retten kann. Überglücklich am Leben zu sein, machen sich die geschlagenen Ritter auf den langen Heimweg. Zuhause angekommen erinnert sich Ritter Arnold I. von Gymnich an diesen Tag im Jahre 1221, der ihn beinahe sein Leben gekostet hätte. Er hält sich an den Schwur. Der erste Gymnicher Ritt soll im Jahr 1227 stattgefunden haben.
Das heilige Kreuzpartikel soll von Johann von Gimnich im Jahre 1456 aus dem heiligen Land nach Gymnich gebracht worden sein und der Sage und Überlieferung wird in dem Partikel einen Holzspan von dem Kreuze Jesus Christi aufbewahrt.
Übergabe Kreuzpartikel
In einer besonderen Zeremonie wird vor dem Schloss Gymnich die Schlossstandarte und das Kreuzpartikel, das im Besitz der Familie des verstorbenen früheren Schlossherrn, Jörg Freiherr von Holzschuher zu Harlach ist und nunmehr als Leihgabe in der Diözese Köln verwahrt wird, übergeben. Jährlich zum Gymnicher Ritt wird gemäß der Tradition die Übergabezeremonie vor Schloss Gymnich durchgeführt.
Der St. Kunibertus Schützengesellschaft wird das Kreuzpartikel übergeben und die St. Sebastianus Bruderschaft trägt die Schlossstandarte.
Die Teilnahme von Kindern und Jugendlichen sowohl an der Reiter- als auch an der Fußgängerprozession bedeutet das behutsame Heranführen der jungen Leute an diese Tradition in der heutigen Zeit. Die jungen Leute, die teilnehmen, lassen eine deutliche Begeisterung für den Ablauf dieser geistlichen Prozession erkennen.
Schützennachwuchs
Auch wenn die Aussagen aus der Überlieferung aus dem Gelöbnis des Arnold von Gymnich in der heutigen, modernen Zeit langsam verblassen, so ist die Einbindung des Gymnicher Nachwuchses in diese Traditionen deutlich zu erkennen.
Familie Kranz mit dem Rittkreuz
Es ist weniger eine Dankprozession, die sich entwickelt hat, als eine Bitte für eine künftige gute Ernte, der persönlichen Gesundheit und für ein friedliches Miteinander auf dieser Welt. Dafür setzt sich unsere Jugend auch auf einen Pferderücken oder machen sich auch auf Schusters Rappen auf den Weg.
Pilgerprozession um Gymnich
Der 782. Gymnicher Ritt, der bei warmen Wetter gefeiert werden konnte, war wieder ein großes Familien- und Volksfest auf den Straßen und in den Häusern von Gymnich.
Der lange Pilgerzug bewegte sich mit seinen 562 Teilnehmern, 194 Pferden sowie 7 Kutschen durch die Gemarkung von Gymnich.
Maßgeblich an diesem beeindruckenden Bild beteiligt waren wieder die beiden großen Schützengesellschaften des Ortes, die St. Kunibertus Schützengesellschaft und die St. Sebastianus Bruderschaft.
Schlußsegen auf dem Rittplatz
Text + Bilder: Werner J. Martens